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BSV Phila 1968 Kaldenkirchen e.V.

im Bund Deutscher Philatelisten


Briefmarkensammeln als Kulturerbe

Seit einiger Zeit befassen sich einige Sammlerfreunde mit dem Vorhaben, die Briefmarke und in weiterem Sinn alles, was dazugehört, in die Liste des immateriellen Kulturerbes des Lan­ des Nordrhein-Westfalen eintragen zu lassen.

Der ursprüngliche Gedanke stammt von Klaus Günter Tiede, dem Landesring-Vorsitzen den der Jungen Briefmarkenfreunde Nordrhein-Westfalen, der die Idee nicht nur in seinem Umfeld weitergab, sondern auch einige Sammlerfreunde vom Niederrhein damit begeistern konnte.

So kam es, dass Peter Aldenhofen als Vorsitzender des BSV Phila 1968 Kaldenkirchen e. V und langjähriger Jugendgruppenleiter seine Unterstützung zusagte. Sein Antrag, alle Bereiche der Philatelie umfassend, wurde auf dem Verbandstag des Verbandes der Philatelisten in Nordrhein-Westfalen am 31. März 2019 verlesen. Er wurde von den Delegierten zur Kenntnis genommen. Es folgten Leider keinerlei weitere Schritte.

Im April dieses Jahres wurde Aldenhofen auf ein OnlineSeminar der UNI-Paderborn aufmerksam. Es fand am 10. Mai statt. Sein Bericht dazu wurde im REPORT Nr. 423 Juli/August 2021 (Beilage in der philatelie des Verbandes der Philatelisten in NRW) gedruckt. Ihm wurde deutlich, dass das gesamte Thema vermutlich zu groß gefasst war. Doch mit der Beschränkung auf einen Teilbereich der Philatelie könnte es gelingen.

Um als immaterielles Kulturgut anerkannt zu werden, sind verschiedene Voraussetzungen zu erfüllen: Nach Vorstellung und Bewerbungsverfahren, die terminlich begrenzt sind, wird die Bewerbung nach der UNESCO-Konvention in NRW geprüft.
Die hier wohl aussichtsreichste Chance auf eine Anerkennung und Auszeichnung der lebendigen Tradition und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung scheint der Aktivität in allen Varianten des Briefmarkensammelns zuzukommen.

Wir erinnern uns, dass kurze Zeit nachdem die ersten Freimarken erschienen, gesammelt wurde. Zunächst verzierten meistens Damen der Gesellschaft damit Teller oder Möbelteile. Collagen wurden gefertigt, bis einige Jahre später die ersten Listen erschienen, auf denen die Marken aller Länder aufgelistet waren. Einige, oft die Betuchten, begannen mit dem Sammeln von Freimarken, die von Briefen überwiegend ausgeschnitten und abgelöst wurden.

Kataloge und Alben erschienen einige Jahre später. In die Alben, die meist eine vorgedruckte Marke zeigten, wurden die Freimarken oft mit Knochenleim eingeklebt. Auch die Markenränder dienten häufig als Befestigung. Zunächst waren nur gestempelte Marken „in", postfrische Marken wurden nicht gesammelt. Auch stellte sich bald heraus, dass einige Marken sehr selten vorkamen. Ferrari und Co. wollten alles haben, was auch damals findige Fälscher auf den Plan rief.

Das Verhalten der Briefmarkensammler veränderte sich. Die ersten Sammlervereine wurden gegründet. Wer hier Mitglied werden wollte, musste meistens eine Aufnahmeprüfung bestehen und häufig einen finanziellen Beitrag beim Eintritt mitbringen.

Bald wurden Freimarken auch bei der Post gekauft, die dann noch keinen Stempelabdruck hatten. Auch diese, zunächst „postfrischen" Freimarken wurden meistens ins Album geklebt - eine Todsünde aus heutiger Sicht. Ausgangs des 19. Jahrhunderts wurde im Deutschen Reich die erste Versandstelle in Berlin eingerichtet, wo man u. a. Freimarken der Deutschen Kolonien erwerben konnte. Das Sammeln stützte sich überwiegend auf Ländersammlungen.

Die Sammler versuchten, einen Satz der Ausgabe oder ganze Jahresausgaben komplett zu bekommen. Als vor rund 150 Jahren die Postkarte populär wurde, nahmen die Briefmarkensammler auch diese als „Ganzsache" in den Sammlungen auf. Hier sind die Postkarten gemeint, bei denen die Freimarke als "Wertstempel" eingedruckt ist. Weil man später diese Wertstempel als Ausschnitte zur Frankatur nutzen konnte, wurden diese auch gesammelt.

Der Erste Weltkrieg brachte eine Vielzahl von Freimarken der besetzten Gebiete, wobei diese nicht im Vordergrund der Sammler standen. Bereits weit vor dem Ersten Weltkrieg stempelte die Reichspost zu bestimmten Anlässen die Freimarken mit Sonderstempeln ab. Wem diese Stempel damals aufgefallen sind, denn sie hatten die Form eines üblichen Tagesstempels, hat vermutlich diesen Stempel meist auf einer Ansichtskarte komplett aufgehoben.

Nach Kriegsende 1918 folgte ein erster Sondermarkensatz „Nationalversammlung in Weimar 1919". Die erste Sonderpostwertzeichenausgabe des Deutschen Reiches wurde am 1. Juli 1919 aus Anlass der Eröffnung der Deutschen Nationalversammlung mit denWerten zu 10, 15 und 25 Pfennig ausgegeben. Im Februar 1920 folgte aus gleichem Anlass ein Wert zu 30 Pfennig, der in drei Farbvarianten vorkommt.

Weil die Länderbezeichnung „DEUTSCHES REICH" auf diesen Sondermarken fehlt, durften diese nur im Reichspostgebiet und nach Bayern und Württemberg zum Frankieren benutzt werden.

Postkarte mit erster Sondermarke des Deutschen Reiches 1919

Portogerechte Frankatur „Deutsche Nationalversammlung" zu 10 Pf auf einer Neujahrspostkarte im Ortsverkehr. Die Freimarke wurde mit einem Bandstempel mit 6 waagerechten Strichen am 31.12.19.4-5 N -Kiel 1entwertet.

Bedingt durch die Inflation gab es eine Flut von Freimarken. Der besondere Reiz für Sammler liegt in der Erforschung der vielen Varianten. Die Erkenntnisse werden seither in Arbeitsgemein ­ schaften geteilt.

Die Verbesserung von Stempelmaschinen, die nicht nur zur Entwertung der Postwertzeichen dienten, sondern diese auch ersetzen sollten, folgte den Bestimmungen des Weltpostvereins. Die ersten Werbeeinsätze kamen zum Einsatz.

Sonderbriefmarken, Zuschlagsmarken, Gedenkmarken u. v. a. m. zeigten besondere Motive. Motive wurden von den Sammlern zu Motivsarnrnlungen geordnet. Später veränderte sich der Begriff zur Thematik.

Auf Ausstellungen konnte man diese Sammlungen als ein Exponat zeigen und dieses wurde von einer Jury bewertet. Immer wieder hat der Sammler etwas von den Empfehlungen einer Jury umgesetzt und so seine eigene Ansicht angepasst.

Die Sammlerinnen, die Sammler, ob Kind, Jugend.liehe oder Erwachsene werden in ihrer Freizeit und je nach Alter und Fortschritt ihr Sammelverhalten bei den Marken verändern.

Auch Arbeits-, Forschungsgemeinschaften, Dachverbände der Philatelie, Händler, Auktionshäuser, die Ausgabepolitik der Postverwaltungen, Kataloge, Fachliteratur, örtliche Briefmarkenvereine können Einfluss auf jeden einzelnen Sammler haben. Das zeichnet das Spektrum der Briefmarkensammler aus, die das sammeln, was für jeden Einzelnen interessant ist.

So könnte die Vielfalt der Postbeförderung ein Kriterium des Sammelns darstellen, _ wie Bahnpost, Luf tpost, Raketenpost, Schiffspost, Rohrpost u. a. Auch Stempelabschläge können ein weiteres Kriterium sein. Die Vielfalt ist hier so riesig und ist wie alle Sammelgebiete sehr lehrreich.

Die postgeschichtlichen Sammlungen zeigen Belege aus einem Ort oder einer Region, die neben dem postalisch behandelten Postgut insbesondere die Poststempel aller Art abbilden. Brief­ markensammeln macht nicht nur Spaß und ist eine schöne Frei­ zeitbeschäftigung, sondern bildet Jung und Alt.

Briefmarkensammeln in allen Varianten ist gelebte Gegenwart mit einem Blick in die Zukunft und erlebte Geschichte in guten und in schlechten Zeiten.

Die Ausführungen könnten fast ins Unendliche fortgesetzt werden. Fakt ist, dass aus dieser Sicht die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Liste des immateriellen Kulturgutes gegeben sind und auch im Sinne des Bund Deutscher Philatelisten erfreulicherweise befürwortet werden. Persönlich freut mich, dass viele befreundete Sammler die geplante Aktion begrüßen. So wird mir und den anderen Sammlerfreunden Mut gemacht.

Der Landesring NRW in der DPhJ richtet gemeinsam mit den Hammer Briefmarkenfreunden am 22. Ja­ nuar 2022 in Hamm eine Veranstaltung aus. Unter dem Motto „Briefmarken sammeln auf dem Weg zum immateriellen Kulturgut" sind interessierte Sammler aus Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus eingeladen mitzudiskutieren.

Bis zum 31. Dezember 2021 können sich Interessenten an den LR-Vorsitzenden Klaus-Günter Tiede, Josef-Wiefels-Straße 2, 59063 Hamm, E-Mail: kgtiede@gmx.de wenden, um weitere Informationen zu erhalten.

Wir Sammler in Nordrhein-Westfalen wollen den Start versu chen und mit diesem-Artikel auch in anderen Bundesländern einen Anstoß geben. Das ganze Verfahren kann dem Briefmarkensammeln einen Auftrieb geben und deshalb sollte die Eintragung erfolgen.

Peter Aldenhofen